Wie die Rauschengel-Story zustande kam

Grundlage für die Rauschengel-Story sind meine eigenen Erlebnisse mit Männern. Lange dunkle Haare scheinen für meine hormongesteuerten Körperteile eine Art Fetisch zu sein. Sehe ich einen Kerl mit entsprechender Frisur, wird Alarmstufe Eins ausgerufen. Ist der Typ außerdem gut gebaut, geht es schnurstracks zu Alarmstufe Zwei. Hat das Zielobjekt ein Motorrad von Harley Davidson, befinde ich mich unmittelbar in Alarmstufe Rot. Folgendes Katastrophen-Notfall-Programm wird ausgelöst: 

1. Mein Verstand packt seine Koffer und fährt in Urlaub.

2. Die Augen sehen nur noch, was sie sehen wollen, bzw. was ich sehen will – meinen Märchenprinzen.

3. Es werden Maßnahmen zur Ergreifung des Zielobjektes angefordert. Da der Verstand aber nicht zu Hause ist, mangelt es den angebotenen Lösungsvorschlägen an Substanz.

4. Ich lasse mich entweder entmutigen oder zu bekloppten Anmachversuchen hinreißen.

5. Meine Bemühungen werden von Erfolg gekrönt oder ich ziehe mich peinlich berührt zurück und ärgere mich für den Rest des Tages (manchmal länger) über meine Dummheit. Im ersteren Falle ärgere ich mich dann etwas später einfach nur noch länger über meine Dummheit.

Dem Muster folgend bin ich so einige male auf ein leckeres Exemplar von Mann getroffen, der mich nicht nur meinen Verstand, sondern auch gleich meine Selbstachtung gekostet hat. Oft bin ich jedoch um allzu große Verluste herum gekommen, weil mein Verstand aus irgend einem Grund seinen Urlaub vorzeitig abgebrochen hat und rechtzeitig in der Tür stand, um schlimmstes zu verhindern. 

Eines Tages begegnete mir jedoch ein männliches Exemplar, welches mit genialer Taktik statt mit Wuschelmähne überzeugen konnte. Und weil mein Schutzmechanismus gegen seine cleveren Psychospiele keine Chance hatte, kam mein Verstand für sehr lange Zeit nicht mehr nach Hause. Am Ende der Episode war mein Verstand wieder da, aber mein Herz gebrochen. In Folge dessen litt ich solch entsetzliche Qualen, dass ich mich entschloss, eine Story zu verfassen, die als abschreckendes Beispiel für alle Frauen dieser Welt gelten würde.

Heraus gekommen ist die Geschichte von Lara und Jimmy. Und genau wie ich, wurde Lara von der Geheimniskrämerei ihres Angebeteten und ihren eigenen Selbstzweifeln komplett zerfressen. Genau wie ich, musste Lara mit ansehen, wie jeder seidene Faden, den sie gesponnen hatte, vom anderen Ende her zersetzt wurde. Und weil der verlogene Märchenprinz trotz seiner Untaten bei mir leider nie so richtig in Ungnade gefallen ist, hat auch Lara die Angewohnheit, ihrem Jimmy nach jedem Drama wieder die Tür zu öffnen. Erst an dem Punkt, wo Lara aus ihrem Traum aufwacht, trennt sich ihr Weg von meinem, denn ich musste selbst die Initiative zu meiner Errettung ergreifen und mich bei vollem Bewusstsein von meinem König der Arschlöcher trennen. 

Die Story sollte aber nicht nur Symptome aufzeigen, sondern auch Ursachen. Deshalb entspricht die innere Zerrissenheit von Jimmy der inneren Zerrissenheit meines Hauptdarstellers im wahren Leben. Aber genau wie ich, kann Lara meist nur raten, was wirklich hinter der Fassade des gequälten Lügenbarons ab geht. 

Im großen und ganzen enthält die Geschichte von Lara und Jimmy zahlreiche Eckdaten aus meinem Leben. Das war bislang aufregend genug, dennoch habe ich die Story mit einigen scharfen Sachen gewürzt. Ich dachte, es kann nicht schaden, wenn Jimmy zusätzlich zu seinen Fähigkeiten als Meister der Geheimniskrämerei auch noch ein bisschen lecker aussieht. Meine Fantasie scheint zwar manchmal mit mir durchgegangen zu sein, doch habe ich tatsächlich mal einen Hells Angel im entsprechenden Adonis-Kostüm gesehen. Das war in Hamburg auf den Harley Days, vor gefühlten einhundert Jahren. Natürlich hat mich die Begegnung völlig aus den Schuhen gehauen. So ist die Story von Lara und Jimmy deutlich weniger erfunden, als mir lieb sein könnte.
Und noch eine beachtliche Parallele gibt es zwischen der Realität und der Fiktion: das Leben meines Chefbetrügers nahm den selben Weg wie der von Jimmy. Und genau wie in Jimmys Fall, resultiert sein Weg der Verdammnis aus der Anbetung der falschen Götter.