Keine Geschichte übers Motorradfahren

Wenn Männer mittleren Alters mit ihren Gattinnen zu einer Lesung im Erotik-Fachhandel für Frauen erscheinen, dann könnte es zu einem Missverständnis gekommen sein. Zumindest hat es sich anlässlich meiner Lesung bei „Liebhabereien“ in Hannover genau so zugetragen. Doch habe ich mich nicht davon aus der Ruhe bringen lassen – und zwischen Sextoys und Lingerie tapfer meine Feuertaufe zelebriert.

Die Autorin hochkonzentriert zwischen Sextoys und Züchtigungsutensilien · Foto: ©Eike Schlüter

Erotische Lesungen als Karriereziel

Es muss ungefähr im Jahr 2005 gewesen sein, als ich eine Anzeige von Liebhabereien in Hannover gesehen hatte, in der eine erotische Lesung angekündigt wurde. Weil ich damals ziemlich weit weg wohnte, konnte ich daran nicht teilnehmen, doch wurde in mir die Idee geboren, selbst einmal eine Lesung dort zu halten. Damals wusste ich noch nicht, dass ich mal eine Geschichte schreibe, die sich dafür eigenen würde. Ich ahnte damals nicht mal, dass ich überhaupt eine Geschichte schreiben würde! Ich wollte einfach Texte aus alten Erotik-Romanen vorlesen. Meine Stimme – so sagt man – hat eine gewisse erotische Ausstrahlung und ich fand, ich sollte das gewinnbringend für mich und Andere einsetzen. Wie so oft im Leben, kam alles anders.

Nachdem ich die Geschichte über Jimmy und Lara geschrieben hatte, um u. a. ein extrem unschönes Erlebnis aus meinem eigenen Liebesleben zu verarbeiten, verspürte ich jahrelang immer wieder den Impuls, mich mit der Story für eine Lesung bei Liebhabereien zu bewerben, tat es aber nicht. Ich hatte einfach zu große Bedenken, dass mein Text nicht gut genug ist, obendrein hatte ich außer einer InDesign-Datei mit dem Text nichts vorzuweisen. Irgendwann vergaß ich, dass die ich Geschichte überhaupt geschrieben hatte und die Jahre vergingen – bis zu dem Zeitpunkt, als ich meiner Muse Barbara in der schönen Stadt Görlitz (→Kernfraktur) begegnete.

Titelbild für die Ankündigung meiner Lesung

Ein Wunsch geht in Erfüllung: meine Lesung bei Liebhabereien

Meine Muse Barbara hat mich 2014 dazu inspiriert, eine Publikation meiner Rauschengel-Story noch mal in Erwägung zu ziehen. Ich überarbeitete die Texte, nannte die beiden Teile der Story um und machte mich auf die Suche nach einem Verlag. Leider ohne Erfolg. Schließlich kam ich auf die Idee, den Rauschengel als Online-Buch selbst zu veröffentlichen, und als ich Ende 2017 auf meiner Reise als Digitalnomadin (→Kernfraktur) wieder in Hannover vorbei kam, nahm ich meinen Mut zusammen und vereinbarte mit Gundula Schildhauer den lang ersehnten Termin für eine Lesung in ihrem schönen Ladengeschäft.

Die Ankündigung meiner Lesung auf dem Online-Portal vom Stadtkind Hannover

Die Damen und ihre Herren

Es kamen – trotz Fußball-Europameisterschaft und 38 Grad Außentemperatur – 18 zahlende Gäste zu meiner Lesung am 6. Juni 2018. Was mich etwas wunderte war, dass mein Publikum anders aussah, als ich erwartet hatte. So waren ein paar Herren der Schöpfung zugegen, die ich nicht zu meiner unmittelbaren Zielgruppe gerechnet hätte. Auf meine Frage hin, was sie denn thematisch von mir erwarten würden, kam die Antwort: „Wir hören Geschichten aus dem Leben eines Motorradfahrers“. Ja, ich musste die Herren leider enttäuschen, allerdings kamen sie auch ohne Motorradgeschichten auf ihre Kosten.

Ich hatte ein paar Kapitel aus „Amors Kriegerin ausgewählt, mit denen ich einen gewissen Spannungsbogen aufbauen konnte: angefangen bei der Begegnung von Lara und Jimmy, über ihre schwierigen Annäherungsversuche, bis zu einer appetitanregenden Sex-Szene in Laras Küche und schließlich einem fiesen Cliffhanger. Zuerst lauschten die anwesenden Damen und Herren recht interessiert, dann schienen die Bilder in ihnen lebendig zu werden. Als ich die Sex-Szene in der Küche vortrug, schienen die Herren der Schöpfung ihre Motorradfahrer-Geschichten eindeutig nicht mehr zu vermissen. Sie lauschten aufmerksam und konzentriert, als läse ich die Lottozahlen vor. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können. Ich fand es großartig!

Titelbild des Flyers für die Lesung, mit Engel, SIG SAUER X-Six und Liebhabereien-Logo

Am Ende meiner Lesung hätte ich tatsächlich ein paar Bücher an meine Zuhörerinnen und die motorradfahrenden Ehemänner verkaufen können, doch gab es den Rauschengel ja nur als Online-Version. Bedauerlicherweise war mein Publikum nicht bereit, am Tablet oder Laptop zu lesen – egal ob Motorradgeschichten oder Sexszenen. Ich habe über das Eintrittsgeld hinaus keinen Umsatz gemacht und so die schmerzhafte Erfahrung mitnehmen müssen, dass der technologische Fortschritt nicht bei allen gut ankommt.

Dennoch war der Abend ein fantastisches Erlebnis für mich! Ich hatte zwei alte Freunde wieder getroffen, ich hatte meine Angst, dass die Story nicht gut genug ist, überwunden und ich konnte meinen großen Wunsch, bei Liebhabereien zu lesen, endlich als vollbracht abhaken. Und ich werde mich immer daran erinnern, dass ich ein paar Herren, die eigentlich Motorradgeschichten hören wollten, mit einem ganz anderen Thema sehr viel Aufmerksamkeit abgerungen habe.

Danke Gundula, für diese Chance! Danke, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, für Eure Aufmerksamkeit und Euer tolles Feedback! Es war mir ein unvergessliches Vergnügen.

Ein bisschen knisternde Erotik schadet nicht · Foto: ©Eike Schlüter

Das Fachgeschäft für weibliches Vergnügen in Hannover

Über die Inhaberin von Liebhabereien, Powerfrau und erste Adresse für Frauen-Erotik, Gundula Schildhauer

Vor fast 20 Jahren gründete Gundula Schildhauer ihr Fachgeschäft für Dessous und Erotisches in Hannover. Seit September 2017 befindet es sich in der Osterstraße 3 im 3.OG als diskrete „Secret Lounge“. Leidenschaft ist der Motor für ihr Facheinzelhandelsgeschäft.

Gundula Schildhauer ©privat

Gundula Schildhauer ist eine präsente und starke Erscheinung. Ihre energiereiche, emotionale und direkte Art mit ihren Kund*innen zu kommunizieren und vor allem ihr wertschätzender Umgang schaffen die notwendige Vertrauensbasis um Menschen auf der Entdeckungsreise zu ihrer eigenen Sexualität zu unterstützen.

Als Diplom-Pädagogin und Sexualberaterin coacht und informiert sie Frauen und ihre Partner*innen rund um das Thema Sexualität. Sie hält Vorträge zu weiblicher Sexualität und ist Gründungsmitglied des Netzwerk „Sexualität und Alten-Pflege“.

Seit rund 30 Jahren lebt sie mit ihrem Ehemann zusammen und ist Mutter eines erwachsenen Sohnes.

Ausbildungen

  • Diplom-Pädagogin
  • Fortbildung im Lehrinstitut für Sexualmedizin und Sexualtherapie
  • Ausbildung in atemzentrierter Psychotherapie im Institut für therapeutisches Atmen R.+R. Pleske
  • Tantra-Erfahrung bei Eva Szabo 

Quelle: privat